Padrón – unspektakulär spektakulär

Nachdem wir die ersten Tage unseres Galicien-Urlaubs in A Coruña verbracht hatten, zog es uns weiter ins wilde Galicien. Unsere romantischen Vorstellungen von einem weiten, grünen Land hatten sich bereits nach unserer Ankunft in Santiago de Compostela bewahrheitet. In meinem letzten Beitrag hatte ich Euch bereits darüber berichtet. Nachlesen könnt Ihr es hier.
Nachdem wir vom ersten Moment an von der Natur begeistert waren, hofften wir natürlich, dass es auch auf unserer weiteren Tour so weitergehen würde. Aina und ich brachen also aus A Coruña auf.

Unser Ziel: Padrón.

Der Ort liegt rund 30 Kilometer Südwestlich von Santiago. Also eigentlich keine Weltreise für uns. Und doch sollte es eine lange Tour werden. Padrón ist in Spanien berühmt – zumindest der Name ist es. Denn hierher kommen die kleinen grünen Bratpaprika, die in ganz Spanien heiß geliebt werden: die Pimientos de Padrón. In Olivenöl angebraten und mit reichlich grobem Meersalz bestreut, sind sie eine der spanischen Leibspeisen. Die originalen Pimientos de Padrón, die nicht aus manipuliertem Saatgut und industrieller Zucht stammen, haben etwas von russischem Roulette. Die meisten der kleinen Dinger sind nämlich mild, doch auf einem großen Teller echter Pimientos verstecken sich auch immer ein paar richtig scharfe. Ein kleiner Nervenkitzel ist also inklusive.

Die Costa da Morte

Wir hatten nämlich eine Fahrt mit unserem Mietwagen entlang der Costa da Morte (span. Costa de la Muerte), der Todesküste, geplant. Dieser Teil Galiciens liegt ganz im Nordwesten der spanischen Halbinsel. Traurige Berühmtheit erlangte die Region durch das Tankerunglück der Prestige, deren Öl fast das Ökosystem der Küste zerstört hätte. Heute hat sich die Gegend nahezu vollständig erholt und die Strände sind wieder makellos sauber.

Die Costa da Morte ist der wildeste Teil Galiciens. Trotz oder vielleicht auch gerade deswegen finden sich hier unzählige kleine Fischerorte, die romantischer nicht sein könnten. Unser Weg in Richtung Padrón führte uns beispielsweise durch Laxe und Muxia, zwei abgelegene, kleine Orte, die nur über schmale Landstraßen zu erreichen sind. Dort angekommen, erwarten den Besucher Fischerhäfen und nette kleine Restaurants, die zum verweilen einladen. Auch wenn die Orte keine architektonischen Highlights sind (wie übrigens die wenigsten Orte, die wir in Galicien gesehen haben), versprühen sie einen ganz eigenen Charme. Ein Gefühl von Wildheit und Natürlichkeit begleitete uns.

Wir fuhren weiter in Richtung Süden, unserem Ziel Padrón entgegen. Unterwegs sahen wir den Wegweiser zum Kap Finisterre – dem Ende der Welt. Leider reichte unsere Zeit einfach nicht und so mussten wir darauf verzichten, den eigentlichen Endpunkt des Jakobsweges zu besuchen. Stattdessen setzten wir unsere Tour fort und kamen schließlich am späten Nachmittag in Padrón an.

Padrón

Wie immer auf dieser Tour hatten wir uns erst kurz zuvor eine Unterkunft über das Internet gebucht. In dieses Hotel hatte Aina sich Hals über Kopf verliebt. Und bei der Ankunft bewies sich wieder einmal ihr glückliches Händchen. Wir landeten im Os Lambráns, einem mit viel Liebe hergerichteten alten Bauernhof in einem Vorort von Padrón. Dort hat eine galicische Architektin, die mittlerweile in Hamburg lebt und arbeitet, ein unglaublich schönes Anwesen geschaffen. Um einen zentralen Platz mit einem für Galicien typischen steinernen Kornspeicher gruppieren sich mehrere Gebäude, die modern und teilweise mit Designermöbeln eingerichtet sind. Der riesige Garten mit vielen Sitzmöbeln lädt zum Verweilen ein. Und im Hintergrund plätschert ein kleiner Bach … Wir wollten gar nicht mehr gehen.

Der einzige Nachteil: Es gab leider nichts zu Essen. Und so mussten wir abends wohl oder übel noch einmal ins Auto steigen. Im Hotel empfahl uns die Mutter der Eigentümerin ein Restaurant und reservierte dort einen Tisch für uns. Bei der Gelegenheit wollten wir auch gleich noch Padrón erkunden.

Padrón und A Casa dos Martinez

Padrón, das erschloss sich uns auf den ersten Blick, ist spektakulär unspektakulär. Die Altstadt ist nicht besonders sehenswert, es gibt zwar alte Gebäude, aber kaum eines ist besonders auffällig oder besonders. Die Promenade entlang des Flusses Sar ist ganz schön, wenn auch nicht besonders lang. Es gibt einige passable Restaurants, hauptsächlich für Ausflügler und die Pilger, die es hierher verschlägt (auch durch Padrón verläuft der Jakobsweg). Allerdings ist eigentlich nur an Wochenenden, Feiertagen oder in der Hochsaison wirklich etwas zu tun.

 

 

Glücklicherweise hatten wir ja bereits ein Restaurant. Als wir dort eintrafen, erschraken wir erst einmal. Das Restaurant sah geschlossen aus. Wenn auch hochdekoriert. Die ganze Eingangstür war gepflastert mit Empfehlungen des Guide Michelin und anderen Gourmetführern. Wir klopften und zu unserem Erstaunen und unserer Erleichterung ging die Tür auf. Das Restaurant war völlig leer, es hatte nur für uns geöffnet, stellte sich später heraus. Der Eigentümer und Koch war deswegen aber nicht weniger herzlich. Er erklärte uns seine Küchenphilosophie: regionale Gerichte, anspruchsvoll neu interpretiert und aus regionalen, saisonalen und frischen Produkten zubereitet. Er schlug uns vor, dass wir ihn einfach machen lassen sollten – und wir stimmten zu.

Mit einer Flasche Weißwein, einem regionalen Albariño, warteten wir gespannt auf unser Essen. Wir sollten nicht enttäuscht werden. Wir bekamen sechs Gänge serviert, einer toller als der andere. Es gab: Natürlich ebenjene traditionellen Pimientos de Padrón, hausgemachte Schinkenkroketten, einen sehr simplen aber göttlichen Salat aus Ochsenherztomaten und galicischen Thunfisch, einen Meeresfrüchtesalat, Erbsen mit Sepia in Sherrysauce, Zitronensorbet mit tocino de cielo (eine Art fester Pudding aus Eigelb und Sirup. Heißt übersetzt Himmelsspeck und schmeckt auch so) und einen Schokokuchen mit flüssigem Kern und Mandarinensorbet. Jeder Gang für sich war ein Erlebnis und wir hatten lange nicht mehr so wundervoll gegessen. Zwischen den Gängen unterhielt uns der Eigentümer mit Geschichten über das Essen und seine Art zu kochen.

Spät in der Nacht verließen wir das Restaurant überglücklich. Das Essen war phantastisch und wir waren nicht einmal arm geworden. Zum romantischen Abschluss des Abends schlenderten wir noch ein wenig am Fluss entlang und unternahmen einen Abstecher zur Kirche oberhalb von Padrón. Dort entstanden noch einige schöne Fotos und wir genossen den Ausblick über den Ort. Schließlich ging es für uns zurück zu unserem Hotel, wo wir den Abend mit einem Glas Wein im wunderbaren Garten ausklingen ließen.

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